Geschichte – “Die Entwicklung des Buddelns”

Flaschenschiffe... jeder kennt sie, und einige wissen sogar, wie diese winzigen Schiffsmodelle in eine Flasche kommen. Die Kunst, irgendwelche zerbrechlichen Dinge in eine Flasche zu bauen, um sie zu schützen und in Ruhe betrachten zu können, ist etwa dreihundert Jahre alt.

Im Allgäu und im Erzgebirge gab es schon damals die sogenannten Geduldsflaschen, auch Eingerichte genannt. Religiöse Motive, aber auch Darstellungen des täglichen Lebens wurden in Flaschen eingebaut. Man füllte so die langen Winterabende aus und verdiente ein paar Kreuzer hinzu.

Vermutlich ist dann irgendwann ein Allgäuer, aus welchem Grund auch immer, zur See gegangen und sah dort seinen Kollegen beim Schiffsmodellbau zu. Er hatte dann wohl auch die Idee, diese Modelle in eine Flasche zu praktizieren. Das Ganze ist allerdings nicht nachzuweisen, denn die ältesten bekannten Flaschenschiffe sind nicht viel älter als hundert Jahre. Einige der kostbaren Stücke werden heute in fast allen maritimen Museen der Welt aufbewahrt.

Die großen Zeiten des Flaschenschiffbaues waren die Mitte und die zweite Hälfte des 19.Jh., identisch mit der Zeit der Großsegler, deren Reisen in die fernöstlichen Regionen, nach Australien und Südamerika und zurück führten, um den europäischen Bedarf an Tee, Wolle und anderen in Europa nicht erhältlichen Gütern zu decken.

Auf jeder dieser langen Seereisen passierten die Segler Schönwetterzonen, in denen die Schiffe größtenteils gute Fahrt machten, relativ ruhig in der See lagen und Segelmanöver selten waren. Da bot sich die Herstellung nautischer Gegenstände aus Materialien die leicht zu beschaffen waren, an. Zum Beispiel Holz, allerlei Garn und Tauwerk, Kitt, auf den Walfängern Knochen und Zähne von Walen und Robben, aus denen sich manches dekorative Gebilde, mit dem der Jan Maat sein Fahrzeug schmücken konnte, herstellen ließ. Die beliebteste Freizeitgestaltung war zu jener Zeit wohl neben dem Anfertigen von Knoten-Tafeln der Flaschenschiffbau.

Lange Zeit umgab den Flaschenschiffbau so etwas wie ein Geheimnis. So hat der alte Schnack, demzufolge es eine Flüssigkeit geben soll, die die Hand so geschmeidig macht, dass sie mühelos durch den engen Hals einer leeren Rum- oder Köhmbuddel gleiten kann um dann im Flaschenbauch das kleine Modell zu bauen, schon manch gläubigen Zuhörer gefunden.

Doch das Geheimnis hat eine sehr durchschaubare Technik. Das Flaschenschiff wird außerhalb der Flasche bis in das kleinste Detail fertig gebaut, jedoch mit klappbarem Mast und beweglichen Spieren.

Mit einer Vorsicht, die man dem rauen Seemann gar nicht zutrauen mag, ergreift er die Flasche, legen die Fäden im Flaschenhals zurecht, zupfen den einen, lockern den anderen, raffen sie zwischen zwei Fingern zusammen, beginnen mit ungeahnter Zartheit zu ziehen. Und nun sieht man, wie sich das chaotische Häufchen aus Holz und Garn anfängt zu regen. Noch einige spannende Minuten und man erkennt, wie sich drei oder vier Stäbchen aufrichten, wie die Hölzchen nicht mehr Hölzchen sind, sondern Masten und Rahen, ein Duzend oder fünfzehn an der Zahl, ganz wie es ein Vollschiff oder P-Liner erfordert.
Was tut es, wenn es beim ersten mal misslingt. Mit sturer Geduld wird wieder von vorne angefangen, denn wie pflegt der Seebär zu sagen: "Dree Mol is Bremer Recht" . . .

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geändert am: 28.02.09 | Impressum & Kontakt | © Ralf Voigt 2007